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9. KSK-Symposium Rüstung: GDELS zeigt Spezialkräfte-Variante des Pandur Evolution

Waldemar Geiger

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Der europäische Rüstungskonzern General Dynamics European Land Systems (GDELS) hat im Rahmen der Begleitausstellung des diesjährigen 9. KSK-Symposiums Rüstung erstmalig eine neue Variante des Pandur Evolution für den Spezialkräfteeinsatz präsentiert.

Als Basis des „Spezialkräfte-Pandurs“ dient eine modifizierte 6×6 Plattform des Pandur Evolution, welche in der gezeigten Variante mit einer fernbedienbaren Waffenstation samt 30mm-Maschinenkanone, einem Drohnenabwehrnetz sowie mehreren Kanistern zum Transport und Verschuss von Loitering Munition des Typs Switchblade 300 Block 20 ausgestellt wurde.

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Gegenüber Medienvertretern wollten die anwesenden GDELS-Mitarbeiter keine Details – bis auf wenige Angaben bezüglich des Gewichts und der Mobilitätsleistung – zum gezeigten Fahrzeug nennen. Es wurde lediglich darauf verwiesen, dass die gezeigte Variante des Spezialkräfte-Pandurs eine mögliche Missionsvariante zeigt, die so noch von keinem Kundenland ausgewählt wurde. Zu der Vermutung, dass das Fahrzeug eine Basis für das sogenannte Armored Ground Mobility System Heavy Platform Vehicle (AGMS) bilden könnte, wollte GDELS keine Stellung abgeben.

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Einer Mitteilung des US-Verteidigungsministeriums vom Juni 2022 zufolge, wurde der US-Rüstungskonzern General Dynamics Land Systems seitens des US-Spezialkräftekommandos USSOCOM mit der Herstellung und Lieferung von AGMS-Fahrzeugen im Wert von 55,85 Millionen US-Dollar beauftragt. Weiterhin wurde vom Pentagon angegeben, dass die Produktion der Fahrzeuge bei der GDELS in Wien – einer Tochter des US-Rüstungskonzerns – erfolgen wird.

Das AGMS, auch unter den Programmnamen Joint Armored Ground Mobility System und Next Generation Armored Ground Mobility System bekannt, soll offenbar das seit 2000 beim USSOCOM in Nutzung befindliche ebenfalls als AGMS bezeichnete Fahrzeug auf Basis des „Ur“-Pandur 6×6 ersetzen, welcher neben der zweiköpfigen Besatzung bis zu sieben weitere Soldaten transportieren kann. Die US-Spezialkräfte haben über die Jahre hinweg 23 der Fahrzeuge eingeführt, von denen aber US-Fachmedienberichten zufolge nicht mehr alle Fahrzeuge in Nutzung sein sollen.

Wie viele der Fahrzeuge ersetzt werden, wurde vom Pentagon nicht offengelegt. Es ist zu vermuten, dass eine ähnliche Anzahl nachbeschafft werden könnte.

Die aktuellen AGMS wurden durch die US-Spezialkräfte unter anderem als geschützte Fahrzeuge im Rahmen von Counterterror- sowie Aufklärungs-Operationen in Afghanistan, Syrien und im Irak eingesetzt.

(Bild: USSOCOM)

Einer im Rahmen der US-Spezialkräftemesse SOFIC 2019 veröffentlichten Folie zufolge waren für den neuen AGMS unter anderem folgende Parameter gefordert:

  • Minenschutz und ballistischer Schutz
  • Fähigkeit zum Transport von 9 bis 10 Soldaten
  • Befähigung zum Lufttransport in einer C-130
  • Nutzlast > 2to
  • Fähigkeit zur Aufnahme einer Waffenstation

Im Großen und Ganzen handelt es sich um Forderungen, die der weiterentwickelte Pandur Evolution 6×6, welcher seit Januar 2019 in den Infanterieverbänden des österreichischen Bundesheeres eingeführt wird, erfüllt. Die österreichischen Jäger nutzen den Pandur Evolution als Mannschaftstransportwagen. Die Besatzung besteht aus Kraftfahrer, Richtschütze und Fahrzeugkommandant, darüber hinaus finden neun weitere vollausgerüstete Infanteristen Platz in dem Fahrzeug.

Die aufgeführten Anforderungen in Verbindung mit der Tatsache, dass die gezeigten Elemente wie Waffenstation, Switchbalde-Kanister im Gegensatz zum Fahrzeug selbst eher den Eindruck eines Demonstrators als einer Serienausstattung erwecken, lässt vermuten, dass die AGMS-Variante des Pandur nicht über diese Komponenten verfügen wird. Die Abmessungen der Waffenstation würden zudem dem geforderten Lufttransport in der C-130 entgegenstehen. Das Fehlen der schweren Waffenstation beim AGMS lässt zudem den Schluss zu, dass auch das Drohnenabwehrnetz – dessen Wirksamkeit laut GDELS durch das niederländische Prüfinstitut TNO zertifiziert ist – nicht Bestandteil des AGMS ist, da es nicht sinnvoll wäre, nur einen Teil der Dachfläche mit dem Netz zu schützen. Zudem würde das Netz den Kampf über Luke erschweren und die Nutzung der Dachfläche für den Materialtransport – so wie seitens der US-Spezialkräfte öffentlich verfügbaren Bildern des AGMS zufolge gerne praktiziert wird – erschweren.

Spezialkräfte-Pandur

Gegenüber dem „Serien“-Pandur Evolution sind drei Modifikationen offensichtlich. Das Chassis des Fahrzeuges wurde im hinteren Teil signifikant gekürzt, was zu einem merklich geringeren Leergewicht des Fahrzeuges führt. Der Spezialkräfte-Pandur verfügt gemäß GDELS über ein Leergewicht von unter 15 Tonnen – ohne Missionsausstattung.

Weitere, von außen sichtbare Änderungen zum klassischen Pandur Evolution betreffen das Vorhandensein einer ballistischen Fahrerkanzel sowie einer modifizierten Motorkühlung. (Bild: Waldemar Geiger / hartpunkt)

Das zulässige Gesamtgewicht liegt bei 19,5 Tonnen, wovon rund 3 Tonnen als Nutzlast zur Verfügung stehen sollen. Beim Antriebsstrang wurden keine Änderungen vorgenommen, so dass das Fahrzeug weiterhin von einem 8,9 Liter Cummins ISLe 450 6-Zylinder-Dieselmotor mit 335 kW Leistung über einen ZF 6-Gang-Getriebeautomaten angetrieben wird.

Das Basisfahrzeug ist 2,6 Meter breit und 2,2 Meter hoch, womit die Fähigkeit zum Lufttransport in einer C-130 H/J gegeben ist.

Die Basispanzerung der Pandur-Fahrzeugfamilie bietet der Besatzung Schutz vor Splittern, vor Beschuss durch Infanteriewaffen sowie vor Minen. Auch wenn GDELS keine Angaben zu der Schutzausstattung des ausgestellten Fahrzeuges machen wollte, ähnelt die Panzerung des Spezialkräftepandur zumindest äußerlich dem Serienpandur. Dies würde wiederum bedeuten, dass auch diese Variante mit einer Zusatzpanzerung von Rheinmetall Protection Systems ausgestattet ist und über eine qualifizierte ballistische Schutzklasse gemäß STANAG 4569 (vermutlich 3 oder höher) verfügt.

Dadurch, dass das Fahrzeug nur im geschlossenen Zustand zu besichtigen war, können keine Angaben zu der Innenausstattung sowie Konfiguration des Kampfraumes getätigt werden.

Weitere, von außen sichtbare Änderungen zum klassischen Pandur Evolution betreffen das Vorhandensein einer ballistischen Fahrerkanzel sowie einer modifizierten Motorkühlung. Beide Elemente finden sich so auch bei der früheren AGMS-Pandur-Variante des USSOCOM. Die überdachte Motorkühlung mit seitlichen Lufteinlässen sorgt für einen ballistischen Schutz des Triebwerkes und erlaubt es zudem die Fläche für den Materialtransport oder die Platzierung von Missionsequipments zu nutzen. Die ballistische Fahrerkanzel erlaubt es dem Kraftfahrer, auch bei feindlichem Beschuss über Luke – mit einem besseren Situationsbewusstsein – zu fahren.

Der Umstand, dass die derzeit in Nutzung befindlichen AGMS-Fahrzeuge des USSOCOM veröffentlichten Bildern zufolge über zahlreiche Missionsaufbauten – darunter fernbedienbare Waffenstationen, Kommunikationsequipment sowie zahlreiche weitere Sensoren – verfügen, legt den Schluss nahe, dass der gezeigte Spezialkräfte-Pandur nur die Basis für das zukünftige AGMS-Fahrzeug bildet. Das finale AGMS wird sicherlich über deutlich anderen Rüstungssatz verfügen.

Waldemar Geiger