Die norwegisch-deutschen U-Boote der Klasse 212 CD sollen ein deutlich höheres Leistungsniveau erreichen als ihre Vorgänger der Klasse U212A. Um die Wirkung der Boote im Ziel dem technischen Fortschritt und der veränderten Bedrohungslage anzupassen, müssen sie jedoch mit einer verbesserten Hauptwaffe ausgerüstet werden. Deshalb soll den aktuellen Planungen zufolge ein neuer deutsch-norwegischer Schwergewichtstorpedo mit der Bezeichnung „Common Heavy Weight Torpedo“ (CHWT) in die neue U-Boot-Klasse integriert werden.
Wie ein Sprecher des Verteidigungsministeriums auf Nachfrage mitteilte, handelt es sich beim CHWT um die Weiterentwicklung des aktuellen Schwergewichtstorpedos DM2A4. „Die Weiterentwicklung erfolgt im Rahmen der deutsch-norwegischen Kooperation zur Ausstattung der zukünftigen U-Boote der Klasse 212 CD“, so der Sprecher. Über Zeitlinien und Kosten machte er keine Angaben. Für die zukünftig in die Bundeswehr einzuführende Version des CHWT stehe auch die genaue Bezeichnung noch nicht fest, so der Sprecher weiter.
Das erste Boot der neuen Klasse U212 CD soll den Planungen zufolge im Jahr 2029 an die norwegische Marine übergeben werden. Dieser Zeitpunkt könnte womöglich auch für den neuen Torpedo einen wichtigen Meilenstein darstellen.
Der bisher von der Deutschen Marine genutzte Schwergewichtstorpedo DM2A4 wird von Atlas Elektronik, einem Tochterunternehmen von thyssenkrupp Marine Systems (tkMS), gebaut. Da es sich beim CHWT um ein Gemeinschaftsvorhaben mit Norwegen handelt, dürften nach Einschätzung von Beobachtern auch norwegische Partner eingebunden werden. Als heißer Kandidat wird der Kongsberg-Konzern gehandelt, der über umfassende Unterwasserexpertise verfügt.
Dem Vernehmen nach wird die Marine bereits im kommenden Jahr enger mit Kongsberg zusammenarbeiten. Dann nämlich soll mit Tests von unbemannten Überwasserfahrzeugen als Ergänzung zur bemannten Flotte begonnen werden. Wie es heißt, soll dazu ein solches unbemanntes Boot im Einsatz erprobt werden. Im Rahmen ihres Zielbildes mit dem Namen „Kurs 2035+“ will die Marine in Zukunft sowohl Überwasser- als auch Unterwasser-Drohnen einsetzen.
Blue Whale bereits getestet
Begonnen haben die deutschen Seestreitkräfte bereits im laufenden Jahr mit Tests für den Einsatz von unbemannten Unterwasserfahrzeugen – mit Erfolg, wie aus Marinekreisen zu vernehmen ist.
Umgesetzt wurde die diesjährige Erprobung im Rahmen der Operational Experimentation (OPEX), wie die Bundeswehr in einer Mitteilung schreibt. Es handele sich bei OPEX um einen „Werkzeugkasten“ zur Förderung von Innovationen. Die zentrale Idee hierbei sei, neue Ansätze und Technologien schnell und umfassend unter möglichst realistischen Bedingungen zu testen und dies gemeinsam mit den mit Innovation befassten Bereichen der Bundeswehr.
Bei OPEX beteiligt sind das Marinekommando, das Zentrum Einsatzprüfung der Marine, das Planungsamt (PlgABw), das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (BAAINBw) und ihre Wehrtechnische Dienststelle für Schiffe und Marinewaffen, Maritime Technologie und Forschung (WTD 71) sowie weiteren Stellen je nach Bedarf und Vorhaben. Der gewählte praktische Ansatz soll es der Marine ermöglichen, fundierte Entscheidungen über die Implementierung neuer Systeme zu treffen.
Erprobung im November in der Ostsee
Getestet wurde im Rahmen der OPEX Blue Whale eine Unterwasser-Drohne gleichen Namens, die von der israelischen Firma Israel Aerospace Industries (IAI) hergestellt wird und unter anderem für die U-Boot-Jagd (Anti-Submarine Warfare; ASW) ausgestattet ist. Die Versuche fanden in der Ostsee statt.
Mit einer Länge von 10,9 Metern, einem Durchmesser von 1,12 Metern und einem Gewicht von 5,5 Tonnen sei die Plattform Blue Whale ASW ein sogenanntes Large Unmanned Underwater Vehicle (Large UUV). Integriert sind laut Bundeswehr moderne Sensorsysteme zur Aufklärung über und unter Wasser.
Hierzu gehören insbesondere ein Optronikmast mit verschiedenen Kamerasystemen und eine passive Sonartechnologie. Das passive „Towed Array Sonar“ sei für die Detektion und Klassifizierung von Unterwasserobjekten über und unter akustischen Schichten konzipiert und biete aufgrund der Triplet-Technologie entscheidende operative Vorteile, so die Bundeswehr. Wesentliche Teile der Sensor-Ausstattung des Blue Whale werden von Atlas Elektronik geliefert, so etwa das Schleppsonar. Partner für die Erprobung waren deshalb tkMS und IAI. Die beiden Partner hatten den Blue Whale ASW im Oktober vergangenen Jahres erstmals auf einer Messe als Gemeinschaftsentwicklung vorgestellt.
Die Fähigkeiten des Blue Whale seien nicht nur auf U-Boot-Abwehr beschränkt, so die Bundeswehr Er könne für eine Vielzahl von Missionen konfiguriert werden, darunter verdeckte Aufklärung, Seeminenabwehr sowie den Schutz von maritimer kritischer Infrastruktur. Den Angaben von IAI zufolge kann der batteriebetriebene Blue Whale je nach Missionsprofil zwei bis vier Wochen ununterbrochen operieren.
Die OPEX-Kampagne habe ihren Höhepunkt während einer zweiwöchigen Erprobung in See, bei der das System im November den herausfordernden Bedingungen der Ostsee ausgesetzt wurde, erreicht. In Kombination mit einem Transmitter kann das System den Angaben zufolge U-Boote und andere unbemannte Unterwasserfahrzeuge bi-statisch detektieren und verfolgen. Darüber hinaus sei die Fähigkeit zur verdeckten Überwasseraufklärung eingehend geprüft worden. Dabei handelt es sich laut Bundeswehr um eine Fähigkeit, über die sonst nur bemannte U-Boote verfügen.
Lars Hoffmann